Ärztepräsident fordert weniger Arztbesuche: Unverständnis im Endometriose-Umfeld

Mit einem umstrittenen Vorschlag sorgt aktuell der neue Ärztepräsident Klaus Reinhardt für Diskussionen. Er vertritt die Auffassung, dass es in Deutschland zu viele unnötige Arztbesuche gibt. Wer nicht „verantwortungsvoll mit der Ressource Arzt umgeht“, soll aus Reinhardts Sicht künftig eine Gebühr entrichten. Scharfe Kritik an diesem Ansatz kommt unter anderem vom Endometriose Dialog e.V.

Reinhardt: „Nicht jeder Besuch beim Arzt ist notwendig und sinnvoll“

„Bei mehrfachen und völlig unnötigen Arztbesuchen kann eine moderate wirtschaftliche Beteiligung zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit unseren knappen Ressourcen im Gesundheitswesen beitragen“, sagte Ärztepräsident Reinhardt kürzlich in einem Interview. Der Erstzugang zum Arzt solle weiterhin kostenfrei sein. „Aber man muss genauer hinsehen, wer wann und weshalb zum Arzt geht“, so Reinhardt weiter. Bei Frauen mit Endometriose und auch beim Endometriose Dialog e.V., welcher deren Interessen vertritt, führen diese Äußerungen zu großer Verunsicherung.

Nicht verallgemeinern!

Um den Unmut im Kreise Endometriose-Erkrankter zu verstehen, müssen einige Fakten bekannt sein. Da Endometriose weitgehend unbekannt ist und auch in der Ärzteschaft stiefmütterlich behandelt wird, durchlaufen Erkrankte bereits vor ihrer Diagnose häufig einen jahrelangen „Ärztemarathon“. Oftmals werden die enormen Beschwerden, welche im Rahmen der Periode auftreten, heruntergespielt und nicht ernstgenommen. Zweit- und Drittmeinungen anderer Gynäkologen und Besuche bei Fachärzten angrenzender Disziplinen sind oftmals unausweichlich, um Klarheit zu erlangen. Auch nach der Diagnose sind zahlreiche Arztbesuche notwendig, da Endometriose neben der Gebärmutter weitere umliegende Organe betreffen kann. Die psychischen Folgen sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Betroffenen nun den Stempel aufzudrücken, sie würden verantwortungslos mit der „Ressource Arzt“ umgehen, kommt einer Verleumdung gleich.

Würden die Pläne des Ärztepräsidenten in die Tat umgesetzt, würde auf viele Frauen mit Endometriose eine Gebühr zukommen. Möglicherweise würde dies sogar dazu führen, dass Betroffene sich häufiger mit ihrer Situation abfinden und daher noch später eine korrekte Diagnose erhalten. Dies wäre ein massiver Rückschritt. Der Endometriose Dialog e.V. fordert daher eine klare Differenzierung. Was im Hausarzt und Notfallambulanzen – Bereich (auf Grund Struktureller Gründe) in Teilen zutreffen mag, darf keinesfalls auf Fachärzte und im speziellen nicht auf den Bereich Endometriose übertragen werden!

Werden Sie aktiv

Frauen mit Endometriose werden bei Arztbesuchen immer wieder mit untragbaren Aussagen konfrontiert. Dass der Ärztepräsident nun in dasselbe Horn bläst, können wir nicht akzeptieren. Wir bitten Sie daher: Schreiben Sie Klaus Reinhardt und schildern Sie Ihre Situation. Machen Sie deutlich, dass es Ihnen keineswegs darum geht, das Gesundheitssystem zu „missbrauchen“, sondern dass es für Sie keinen anderen Weg gibt, als mehrere Gynäkologen und Ärzte anderer Disziplinen aufzusuchen. Es ist unbedingt erforderlich, an dieser Stelle ein klares Zeichen zu setzen!

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